Unsichtbare Reisende: Mit KI dem nächtlichen Vogelzug auf der Spur
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Der Abschlussworkshop des KI-Pilotprojektes an der OTH Regensburg begeisterte viele neue Interessierte und Mitforschende.
Rund 25 Teilnehmende mit sehr verschiedenen Hintergründen und Interessen kamen am 26.11. an der OTH (Ostbayerische Technische Hochschule) Regensburg zusammen, um mehr über das KI-Pilotprojekt „Faszination nächtlicher Vogelzug“ und den Einsatz von KI im Umweltschutz zu erfahren: Technikbegeisterte aus den Bereichen Machine Learning, KI und Informatik, Studierende des Studiengangs Künstliche Intelligenz und Data Science der OTH Regensburg sowie Umweltschützende und Naturinteressierte Ornitholog*innen, Biolog*innen und engagierte Bürger*innen. Clara Isakowitsch und Janis Klug, Referent*innen der KI-Ideenwerkstatt für Umweltschutz, leiteten den Workshop an. Indem sie technisches und biologische Vorwissen abfragten, Grundbegriffe erklärten und die Teilnehmenden immer wieder inhaltlich abholten, fanden sie eine gemeinsame Sprache für die heterogene Workshopgruppe.
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Den Vogelzug bioakustisch erfassen
Lisa Gill vom LBV (Landesbund für Vogel- und Naturschutz in Bayern e. V.) stellte zunächst das KI-Pilotprojekt „Faszination nächtlicher Vogelzug“ vor. Sie zeigte auf, wie Lichtverschmutzung und menschengemachte Strukturen Vögel auf ihrem (nächtlichen) Vogelzug gefährden. Anschließend präsentierte sie verschiedene Ansätze der bioakustischen Erfassung, die beim Monitoring des Vogelzugs unterstützen können: Von NocMig-Geräten, die in der professionellen Bioakustik seit Jahren etabliert sind, jedoch häufig mit hohen Kosten verbunden sind, bis hin zu DIY-Geräten wie dem BirdNet Pi, die auf einem Raspberry Pi kostengünstig konfiguriert werden können und engagierten Bürger*innen eine niedrigschwellige Möglichkeit bieten, Daten zum Vogelzug beizusteuern.
Im Anschluss daran erläuterte Clara Isakowitsch für alle Teilnehmenden die Grundlagen Künstlicher Intelligenz und den Aufbau neuronaler Netze. Im Vortrag wurde auch erklärt, wie das Identifizieren von Vogelstimmen mittels KI funktioniert: BirdNetPi analysiert nämlich nicht die hörbaren Vogelrufe selbst, sondern funktioniert über die Erkennung von Spektrogrammen, also Bildern der Klänge. Wie viele andere KI-Projekte im Umweltschutz ist das Projekt „Faszination nächtlicher Vogelzug“ also ein Bilderkennungsprojekt. Auf Nachfrage im Publikum ergänzte Lisa Gill, dass Bilderkennungsmodelle technisch am weitesten entwickelt sind, da schon seit Jahrzenten dazu geforscht wird. Darüber hinaus gelten visuelle Darstellungen in der Wissenschaft immer noch als die besten Belege.
Nachtigall oder Drosselsänger?
© ZUG / Katharina Metz
Im interaktiven Teil konnten die Teilnehmenden dann mit Googles Teachable Machine selbst kleine KI-Modelle trainieren. Ist das eine Nachtigall oder doch ein Drosselrohrsänger? Oft hatten die Modelle schon gute Antworten parat – mindestens genauso oft konnte man allerdings beobachten, dass die Modelle in ihrer Klassifizierung von Vogelarten daneben lagen. Das bestätigten auch die anwesenden Ornitholog*innen. In der gemeinsamen Auswertung verdeutlichte Janis Klug, wie sehr KI-Modelle von der Qualität ihrer Trainingsdaten abhängen. Unterschiede in Datensätzen und Labels können zu ganz verschiedenen Ergebnissen führen – ein wichtiger Hinweis für verantwortungsvolle Anwendung von KI im Umwelt- und Naturschutz.
Abschließend erläuterte Janis Klug den praktischen Nutzen von BirdNetPi und KI-gestützten Methoden für das Umweltmonitoring. Das Fazit: KI kann Expert*innen nicht ersetzen, aber z. B. in der Umweltplanung wertvolle Unterstützung leisten.
Um das KI-Pilotprojekt „Faszination Nächtlicher Vogelzug“ weiter voranzubringen, wurden nach dem Workshop mehrere Raspberry Pis samt Aufbauanleitung verteilt: Ziel ist es, möglichst viele dieser kleinen Aufnahmestationen in Regensburg und Umgebung zu installieren, um ein dichtes Netz an Datenpunkten zu schaffen und den nächtlichen Vogelzug möglichst präzise zu erfassen.
Bereits am nächsten Tag stellte das Team der KI-Ideenwerkstatt mit Freude fest, dass die ersten Stationen bereits aktiv sind. Weitere sollen in den kommenden Wochen folgen.
Möchtet ihr mitmachen? Weitere Infos zum Projekt und die Möglichkeit, sich zu vernetzen gibt es beim Team des LBV.
Das Team der KI-Ideenwerkstatt für Umweltschutz bedankt sich bei Lisa Gill und Lisa Schenk vom LBV und bei Prof. Dr. Stefanie Vogl von der OTH Regensburg, die als Professorin für Machine Learning den Workshop nicht nur mit einem tollen Raumangebot an der OTH Regensburg, sondern auch mit wertvollen inhaltlichen Ergänzungen unterstützte.